Trendwende beim Versicherungs-Vertrieb: Ausschließlichkeitsvertreter holen auf oder: Eine Ausschließlichkeit mit nahezu völliger Produktfreiheit, wär das was?

15.12.2008
Die Ausschließlichkeitsvertreter haben ihre Spitzenposition beim Vertrieb von Schaden-/Unfallversicherungen im Jahr 2007 ausgebaut. Damit holen sie sich Marktanteile zurück, die sie im Vorjahr an die unabhängigen Vermittler abgegeben hatten. Mit einem Plus von vier Prozent kommen die gebundenen Vertreter nun auf einen Anteil von rund 61 Prozent der Prämieneinnahmen (siehe Abbildung unten). Dies zeigen die Ergebnisse des Vertriebswege-Surveys Schaden-/Unfall, den Towers Perrin bereits zum dritten Mal durchgeführt hat.Als dominierender Vertriebskanal zeigt der Ausschließlichkeitsvertrieb über die bisherigen Studien ein sehr stabiles Bild. „Eine mögliche Erklärung für den gewachsenen Marktanteil der Ausschließlichkeitsvertreter ist, dass aufgrund der Vermittlerrichtlinie einige unabhängige Vermittler in den Verbund einer Ausschließlichkeitsorganisation gewechselt sind und einen Teil ihres Kundenstamms auf diesem Weg mitgenommen haben“, sagt Heijo Hauser, Managing Director bei Towers Perrin.Unabhängige Vermittler unverändert vertriebsstarkDer Vertrieb von Schaden-/Unfallpolicen über freie Vermittler bleibt mit einem Anteil von rund 22 Prozent am Gesamtmarkt unverändert. Eine besonders starke Position haben Makler im wettbewerbsintensiven Geschäft mit Firmen- und Industriekunden. „Ein ebenso starkes Durchsetzungsvermögen beim Kampf um Marktanteile wie in der Lebensversicherung zeigen die unabhängigen Vermittler im Bereich der Schaden-/Unfallversicherungen noch nicht“, so Hauser. „Für einige Makler ist das Privatkundengeschäft im Vergleich zur Lebensversicherung zu margenschwach, um dort proaktiv neue Kunden gewinnen zu wollen.“Banken verlieren Marktanteile zugunsten der Automobilhersteller/-händlerDer Vertrieb von Schaden-/Unfallpolicen über Banken war 2007 im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig und erreicht nun einen Marktanteil von acht Prozent. In diesem Jahr wurde der Verkauf von Policen über den Vertriebskanal der Automobilhersteller und -händler erstmals gesondert erhoben. Obwohl diese fast ausschließlich Kfz-Versicherungsprodukte vertreiben, kommen sie dennoch auf einen Anteil von etwas mehr als zwei Prozent am Gesamtmarkt. Da einige Automobilhersteller ihre unternehmenseigenen Banken als Vertriebsplattform nutzen, erklärt die gesonderte Ausweisung dieses Vertriebskanals zu einem Teil den Rückgang beim Bankvertrieb.

Direktvertrieb mit Wachstum auf niedrigem NiveauDer Direktvertrieb konnte seinen Marktanteil leicht ausbauen, bleibt jedoch mit einem Anteil von drei Prozent am Gesamtmarkt auf niedrigem Niveau. In einzelnen Produktkategorien zeigt sich der Direktvertrieb erfolgreicher als im Gesamtbild: Seine Stärke liegt im besonders preissensitiven Segment der Kfz-Versicherungen, da diese Produkte einen relativ geringen Beratungsbedarf haben. Ein großer Anteil der auf direktem Weg vertriebenen Kfz-Policen wird über den Internetauftritt von Versicherungsgesellschaften und -gruppen abgeschlossen.

Stimmungsbild: Versicherer setzen weiterhin auf Makler und BankenDie Teilnehmer des Surveys rechnen mehrheitlich mit einer wachsenden Bedeutung des Maklervertriebs. Rund 70 Prozent der Teilnehmer schätzen die Entwicklung dieses Vertriebskanals positiv ein (siehe Abbildung unten). Auch die gestärkte Position des Ausschließlichkeitsvertriebs im Schaden-/Unfallbereich spiegelt sich in den Erwartungen der Studienteilnehmer wieder: Rund 30 Prozent bescheinigen den gebundenen Vertretern eine steigende Bedeutung, weitere 50 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Relevanz aus. Damit fällt das Stimmungsbild für die Ausschließlichkeitsvertreter positiver aus als in der letzten Studie. Trotz des stagnierenden beziehungsweise leicht rückläufigen Marktanteils der Banken, messen über die Hälfte der Studienteilnehmer diesem Vertriebsweg eine zunehmende Bedeutung bei. Ob dies gerechtfertigt ist, werden die nächsten Surveys zeigen. Die hohen Wachstumserwartungen der Teilnehmer an den Bankvertrieb des letzten Vertriebswege-Surveys haben sich bislang nicht erfüllt.

AusblickMittelfristig wird die Ausschließlichkeit nach Einschätzung von Towers Perrin der dominierende Vertriebsweg für Schaden-/Unfallversicherungen bleiben. Denn anders als bei Lebensversicherungsprodukten ist der Beratungsaufwand bei Schaden-/Unfallversicherungen zu Vertragsbeginn in der Regel geringer. Dafür erwartet der Kunde im Schadenfall eine gute Betreuung durch die Versicherungsgesellschaft respektive durch den Vermittler vor Ort.Im Bereich der Kfz-Versicherungen ist es den Automobilherstellern und –händlern im Laufe der letzten Jahre gelungen, sich einen signifikanten Marktanteil zu sichern. Da die Preissensitivität der Kunden angesichts der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zunehmen wird, könnte sich dies positiv auf die Entwicklung des Direktvertriebs auswirken.

Zum Hintergrund der StudieDie Analyse basiert auf einer Umfrage von Towers Perrin unter allen Schaden-/Unfallversicherern zur Verteilung ihrer Vertriebswege. Ergänzt wurden die Daten derjenigen Versicherer, die sich nicht an der Umfrage beteiligen, anhand von Informationen aus den Geschäftsberichten und Schätzungen auf Basis der Marktkenntnis von Towers Perrin. Die analysierten Gesellschaften repräsentieren einen Marktanteil von rund 76 Prozent. (ir)     

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